Steht jetzt mit aller Wahrscheinlichkeit doch ein Krieg ins Haus?
ZitatDie irakische Exil-Opposition hat mit einem aufrüttelnden Appell auf die dramatischen Zustände in ihrer Heimat hingewiesen. Zu Beginn einer Konferenz in London verglich sie Präsident Saddam Hussein am Samstag mit Führern im Dritten Reich. „Wie die Nazis und die Faschisten“ versuche auch sein Regime, jeden Gegner zu vernichten und führe einen „Krieg gegen das eigene Volk“, sagte Fuad Ma'soum, der einen Entwurf für einen künftigen irakischen Staat mit erarbeitet hat.
ZitatAlles anzeigenNoch war der irakische Waffenbericht kaum bei der UN angekommen, demonstriert die US-Regierung bereits deutlich, wer letztendlich das Sagen hat. Von den beiden Ausfertigungen haben sich US-Regierungsangehörige in der Nacht vom Sonntag auf Montag im UN-Hauptquartier in New York eines besorgt und nach Washington gebracht, um es dann zunächst an die weiteren vier permanenten Mitglieder im Sicherheitsrat zu verteilen. Das Vorgehen stieß bei vielen Diplomaten auf Ablehnung und wird unter "Erpressung" abgehandelt.
(Anm.: die Kopien werden in den USA kopiert und dann an die anderen 4 verschickt - verdächtiges Vorgehen, das so begründet wird:
QUESTION: Well, can you tell us whether a copy has reached Washington yet, or is it just --
MR. BOUCHER: As I mentioned, the documents in the declaration contain sensitive data. They need to be handled in a secure manner, in keeping with our overall nonproliferation concerns. So we have been asked to ensure that the document is copied in a controlled environment in order to guard against the inadvertent release of information. So yes, we have a copy that is being reproduced for other members of the Security Council.
QUESTION: In Washington or in New York?
MR. BOUCHER: I don't want to get into exactly where it might be. We have a copy that's being reproduced using the resources of the US Government because we are able to do this in the high volume necessary, with the technical expertise necessary, and to do it in a controlled environment. So we are making the copies for other members of the Council.
QUESTION: And during this copying process, is somebody simultaneously starting to look at it?
MR. BOUCHER: I don't know. I wouldn't necessarily know one way or the other. I can't say.
Telepolis erklärt sich das so:
Möglicherweise wollte die US-Regierung auch deswegen einen schnellen Einblick in die Dokumente, weil die USA selbst das Hussein-Regime Ende der 80er Jahre militärisch unterstützt und auch chemische und biologische Substanzen geliefert hatten, die zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen dienen können. Seiner Zeit stand der jetzige Verteidigungsminister Rumsfeld in Kontakt mit Hussein. In dieser Zeit, als der Irak ein Verbündeter der USA war, fand auch der Angriff mit Giftgas auf die Kurden statt, der nun regelmäßig von der US-Regierung erwähnt wird, um die Gefährlichkeit von Hussein zu beweisen.)
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Den Widerstand von Frankreich, Russland und Großbritannien konnte man überwinden, indem auch diese eine Kopie erhalten sollten - allerdings eine, die von den USA hergestellt wurde. Ob diese in der kurzen Zeit manipuliert wurden, wie der Irak unterstellt, könnte eine heiße Frage werden, zumal Russland darauf beharrt, dass einzig die Waffeninspekteure dem Sicherheitsrat berichten sollen.
ZitatAlles anzeigen
Waffeninspekteur Blix ist längst frustriert darüber, dass die USA die Säumigkeit der gerade mal angelaufenen Inspektionen anmahnt, selbst aber nichts dazu beitragen, die Fakten, Fakten, Fakten auf den Tisch zu legen. Stattdessen gießt man weiter Öl ins Feuer, weil zumindest diese Quelle nie versiegt. So wird irakischen Wissenschaftlern politisches Asyl im Austausch für Geheiminformationen angeboten. Das ist nicht nur eine Provokation zur Unzeit, sondern selbst eine weitere Farce, wenn doch angeblich die Bush-Regierung die Beweise über die Existenz von Massenvernichtungswaffen ohnehin besitzt. Längst ist kein Widerspruch mehr zu krass, um sich von dem autistisch verfolgten Weg der Enthauptung des irakischen Regimes noch abbringen zu lassen.
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Es geht offensichtlich nicht primär um die Vernichtung von weltbedrohenden Massenvernichtungswaffen, die angeblich sogar, wie noch kürzlich verlautbart wurde, kurz vor dem Einsatz stehen, sondern um den Beweis, dass Widersacher Amerikas keine Chance haben, sich der Schlinge zu entziehen. Es bleibt eine Machtprobe um der Machtprobe willen, wenn man von den erfreulichen Kollateralgewinnen der Ausweitung der amerikanischen Einflusssphäre und der zukünftigen Verteilung des irakischen Öls absieht. Wer so agiert, wird unglaubwürdig gegenüber seinen eigenen Verlautbarungen eines friedlichen Ausgleichs zwischen zerstrittenen Nationen.
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Der Irak spielt auf Zeit, mit gutem oder bösem Gewissen, das ist längst einerlei. Denn die aufziehende Bush-Armada kann aus logistischen und anderen kriegstechnischen Gründen, insbesondere dem Einbruch der heißen Jahreszeit im Wüstenstaat nicht warten. Die Reservisten sind eingezogen, der Aufmarsch vollzieht sich, vorbereitende Manöver proben bereits den Ernstfall. Spätestens im Frühjahr 2003 ist Wüstensturmzeit.
Update1:
ZitatDieses erste Urteil über den Bericht des Iraks schafft in Washington eine neue politische Lage. Eine Vorgehensweise wäre nun, von Bagdad zusätzliche Antworten zu verlangen. Diese Möglichkeit werde aber nicht weiter verfolgt werden, heisst es in der amerikanischen Hauptstadt. Der Irak habe eine Gelegenheit gehabt, sie aber nicht genutzt, bemerkt der Beamte des Weissen Hauses. Ein zweiter Aspekt ist die mögliche Weiterführung der Inspektionen, wobei den Inspektoren nachrichtendienstliche Erkenntnisse zur Verfügung gestellt würden, die sie zu verdächtigen Einrichtungen leiten würden. Allerdings hat der Präsidentensprecher Ari Fleischer eine solche Option deutlich eingeschränkt. Schliesslich können die Amerikaner nach einer endgültigen Analyse des Berichtes feststellen, dass der Irak seine Verpflichtungen substanziell verletzt hat und nun mit den angekündigten Konsequenzen rechnen muss.
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Unabhängig von dem Bericht glaubt die Administration Bush, dass der Irak der Forderung, irakische Wissenschafter und Techniker ausserhalb des Landes zu befragen, wenn überhaupt, nur unwillig nachkommen werde. In Washington wird angenommen, dass sich daraus schnell ein Konflikt ergeben kann. Das könnte sich als eine direktere Methode erweisen, dem Irak einen Bruch der Verpflichtungen aus der Uno-Resolution nachzuweisen, als auf ein Ende des langwierigen Inspektionsprozesses zu warten, der sich überdies als unschlüssig erweisen könnte. Ob die Administration, die von der Aussicht auf ein langwieriges Inspektionsverfahren erkennbar frustriert ist, einen solchen Weg gehen wird, ist vorerst unklar.
ZitatAlles anzeigenSo verständlich die Neigung, den Mann durch den Kakao zu ziehen – und seine Politik mit –, so sehr sind sich die Witzemacher hoffentlich klar darüber, dass dieser Präsident nicht nur qua Amt mit enormer Machtfülle ausgestattet ist, sondern es auch individuell mehr ausfüllt, als den Witzlieferanten lieb sein kann. Der Präsident, der in diesen Tagen darüber entscheidet (oder schon entschieden hat), ob es einen Krieg gegen Irak mit allen unvorhersehbaren Folgen gibt, hat das Kommando.
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Der Schriftsteller John Updike, der sich mit offenen Kommentaren zur Tagespolitik zurückhält, sagt es augenzwinkernd so: »Bush hat Charme, aber gewiss keinen hohen IQ – oder er versteckt das sehr gekonnt.«
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Matt Pierce, demokratischer Kongressabgeordneter, nennt den Mann im Weißen Haus gerissen und gefährlich, »auch wenn er nach meiner Überzeugung nicht intelligent ist. Bush profitiert vor allem von der gegenwärtigen Hausse in Sachen Angst und Schrecken nach dem 11. September und in Verbindung damit von den unnatürlich zurückgedrängten Stellenwerten für Wirtschaft und Soziales.
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Michael Moore, dessen schrille Satire auf den amerikanischen Waffenwahn gegenwärtig in »Bowling for Columbine« in deutschen Kinos läuft, glaubt, dass die USA kein gewaltorientierteres Land als andere ist. Auch von seinem Präsidenten hat er ein klares Bild. Gegenüber »Newsweek« äußerte er soeben auf die Frage, ob Bush wirklich so dumm sei, wie er, Moore, ihn präsentiere: »Ja, er ist wirklich so doof, aber die Leute um ihn herum sind sehr, sehr gerissen und benutzen ihn mit Erfolg. Doch was die Sache unter Bush so Furcht erregend macht, ist: Sein Hauptmotiv besteht darin, seine milliardenschweren Geldgeber zufrieden zu stellen.«
Aus einer Chronik der FAZ:
Zitat26. November 2001: Der amerikanische Präsident Bush fordert den irakischen Präsidenten Saddam Hussein auf, UN-Waffeninspekteure ins Land zu lassen. Auf die Frage nach Konsequenzen einer Weigerung antwortete der Präsident: "Das wird er (Saddam) herausfinden." Politische Beobachter werten die Äußerung als bisher deutlichsten Hinweis darauf, daß der Irak nächstes Ziel des amerikanischen Anti-Terror-Krieges sein könnte.
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1. September 2002: Die Außenminister der Europäischen Union distanzieren sich von amerikanischen Plänen für einen Präventivkrieg zum Sturz Saddam Husseins und verständigten sich auf Grundzüge einer gemeinsamen Politik gegenüber dem Irak, die der Diplomatie den Vorzug geben soll vor militärischer Gewalt. Der amerikanische Außenminister Powell schließt sich ihrem Vorschlag an, den Irak zur Rückkehr von UN-Waffeninspekteuren zu zwingen.
Und das Paradoxeste an allem: Die USA haben selber die meisten ABC-Waffen. Angenommen, es gäbe keinen anderen Staat mit solchen Waffen mehr, wer wäre dann der uneingeschränkt mächtigste Staat der Welt?
Fortsetzung folgt...