Hier ein Szenevokabular für alle jungen Punks und für die, die es werden wollen! Es ist ganz einfach!
Neben exorbitantem Alkoholpegel, versifften Klamotten und einer abartigen Haarpracht ist es für den modernen Punk von enormer Bedeutung, sich szenegerecht zu artikulieren. Nicht zuletzt entscheidet das einwandfreie Vokabular über Akzeptanz und Status innerhalb einer Szene. Im folgenden sollen deshalb dem wortakrobatisch noch jungfräulichen Punk ein paar nützliche Tips im sprachlichen Umgang mit seinen ArtgenossInnen vermittelt werden.
Von zentraler Bedeutung ist es, seine Äusserungen stets fachgerecht den sprachlichen Normen der Szene anzupassen. Aber Achtung: allzu offensichtliche Übertreibungen sollten unbedingt vermieden werden. Ein Konversations-Einstieg im Stil von: "Ich denke, dass die Geschichte des Kapitalismus im Weltmassstab durch eine Abfolge spezifischer gesellschaftlicher Formationen geprägt ist, die auf der Basis einer gleichbleibenden Grundstruktur (Privatproduktion, Lohnarbeit, warentauschvermittelte Aneignung des Mehrprodukts) in ihren Produktions- und Ausbeutungsformen, den Vergesellschaftungs- und Klassenverhältnissen sowie dem Charakter des Staates und der politischen Herrschaft sich wesentlich unterscheiden", würde ich als etwas zu gewagt beurteilen. Im latent intellektuellen-feindlichen Klima der Punkrockszene könnten solche Sätze nämlich schnell einmal als verbale Attacke interpretiert und kurzerhand mit ein paar handfesten Argumenten beantwortet werden!
Ein harmloserer und weitaus ungefährlicherer Gesprächseinstieg wäre da z.B. ein primitiv vor sich hingegrunztes "Oi! Oi! Oi!". Gerade in Kreisen, die sich als unpolitisch charakterisieren, könntest du damit eventuell die ersten Erfolge erzielen....
Der Grossteil der Punkszene ist aber extreeeeeem politisch. Deshalb ist es auf jeden Fall ratsam, deine politische Haltung auch immer deutlich zur Geltung zu bringen. Am besten versuchst du es zunächst mit einem erfolgsversprechenden Klassiker: Zwischen zwei Schluck Bier und einen kernigen Rülpser schmuggelst du einfach ein sattes, leicht gegröltes "Nazis Raus!". Dein politisch korrekter und allgemein akzeptierter Standpunkt wird dann normalerweise mit einem anerkennenden Kopfnicken deines Gegenübers quittiert.
Etwas komplexer aber nicht minder wirksam ist es, den Ausdruck "Fascho" stark inflationär zu gebrauchen. Am besten verschmilzt du das Wort regelmässig mit anderen, sorgsam dem links-radikalen Jargon entnommen Begriffen. Aus dem Bullen wird Fascho-Bulle, aus dem Bonzen wird Fascho-Bonze und aus dem Gänseblümchen wird Fascho-Gänseblümchen...
Damit signalisiert du deinem Gegenüber unverkennbar, dass du ein ausgesprochen differenziert politisch denkendes Individuum bist.
Zu fortgeschrittener Stunde wird die Bedeutung eines wohlproportionierten Wortschatzes aber normalerweise immer geringer. Irgendwann nach Mitternacht ist in der Szene der Alkoholpegel üblicherweise in so luftige Höhen gestiegen, dass unverständliches Lallen und ein paar barbarische Grunzlaute durchaus genügen, um sprach-technisch nicht aufzufallen.